Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL)
-
Charakterisierung und Ursache
Das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL) ist eine lymphatische Neoplasie. Gemäß der WHO-Klassifikation zählt es zu den so genannten Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL), die als Krebs des lymphatischen Systems gelten.1 Eine Unterscheidung der Non-Hodkin-Lymphome zu Hogkin-Lymphomen (Morbus Hodgkin) ist nur durch eine feingewebliche Untersuchung möglich. Unter der Bezeichnung NHL wird eine Vielzahl maligner Lymphome zusammengefasst. Darunter langsam wachsende (niedrig-maligne; indolente) und schnell wachsende (hochmaligne; aggressive) Tumore. Zu den indolenten NHL gehören unter anderem die chronische lymphatische Leukämie (CLL) und das follikuläre Lymphom (FL). Das DLBCL zählt zu den aggressiven NHL der B-Zell-Reihe und macht mit etwa einem Drittel aller Fälle die häufigste Form maligner Lymphome aus.1,2 Pro Jahr erkranken 7 von 100.000 Menschen in Deutschland neu an einem DLBCL.1 Die Erkrankungswahrscheinlichkeit steigt mit zunehmendem Alter und das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei etwa 70 Jahren. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen.3
Das DLBCL zeigt ein schnelles Wachstum in den Lymphknoten (nodales Wachstum), der Milz, der Leber, dem Knochenmark sowie anderen Organen (extranodales Wachstum), das unbehandelt rasch zum Tod führt.3 Maligne Lymphome entstehen durch eine Veränderung im Erbgut von Zellen des lymphatischen Systems. Die meisten NHL entstehen zu 90 % aus B-Lymphozyten, der Rest aus T-Lymphozyten oder natürlichen Killerzellen.2
Die genaue Ursache für die Entstehung eines DLBCL wird noch weiter erforscht. Man geht aktuell davon aus, dass genetische Veränderungen bzw. die fehlerhafte Verarbeitung der in den Genen gespeicherten Informationen von B-Lymphozyten ursächlich sind. Offenbar sind die B-Lymphozyten, aus denen sich ein DLBCL entwickeln kann, für solche malignen Veränderungen besonders anfällig, da sie sich rasch teilen.4 Die genetischen Veränderungen selbst scheinen durch verschiedene Prozesse sowie die Einwirkung unterschiedlicher Faktoren verursacht zu werden. Hinweise zeigen bspw., dass der Kontakt mit chemischen Schadstoffen, Immunsuppression, Autoimmunerkrankungen und Immundysfunktionen, virale und bakterielle Infektionen sowie genetische Prädispositionen zu einem erhöhten Risiko für die Entstehung maligner Lymphome führen.4
-
Klinisches Bild und Diagnose
Die meisten durch ein DLBCL verursachten Beschwerden sind zunächst uncharakteristisch und müssen differentialdiagnostisch abgeklärt werden. Jedoch kommt es schnell zu manifesten Symptomen, die Patient:innen eine Ärzt:in aufsuchen lassen. Besonders eine rasch fortschreitende spürbare Schwellung von Lymphknoten (Lymphadenopathie) und mögliche extranodale Manifestationen verursachen für die Patient:innen Beschwerden.3 Die vergrößerten Lymphknoten allein sind nicht schmerz- oder druckempfindlich – außer, sie wachsen außerordentlich schnell. Je nachdem, wo die extranodalen Manifestationen und Lymphadenopathien auftreten, können die Symptome sehr unterschiedlich sein. Die häufigste extranodale Manifestation findet sich im Gastrointestinaltrakt; auch eine Vergrößerung der Milz (Splenomegalie) kann das DLBCL begleiten.3
Bei ca. 10-25 % der Patient:innen befällt der Krebs auch das Knochenmark – Anämie, Thrombo- und Leukozytopenie können die Folgen sein.3 B-Symptome wie Nachtschweiß, Fieber und starker Gewichtsverlust (mehr als 10 % des Körpergewichts innerhalb von 6 Monaten) treten bei bis zu 50 % der DLBCL-Patient:innen auf.3
Besteht der Verdacht auf ein DLBCL, erfolgt zunächst eine ausführliche Anamnese und körperliche Untersuchung. Aufgrund der häufig unklaren Symptomatik ist eine Laboruntersuchung inkl. Differentialblutbild unerlässlich. Um Subgruppen zu identifizieren, erfolgt eine molekulare Diagnostik: Basierend auf Ähnlichkeiten mit der mutmaßlichen Ursprungszelle lassen sich anhand der Genexpression die Subgruppen der keimzentrumsartigen (‚germinal center B-cell-like‘, GCB) und aktivierten B-Zellen ähnlichen (‚activated B-cell-like‘, ABC) diffusen großzelligen B-Zell-Lymphome unterscheiden.1
Darüber hinaus ist eine Biopsie unumgänglich. Um auszuschließen, dass das Lymphom bereits andere Organe befallen hat, wird zusätzlich eine Röntgenaufnahme des Thorax, eine CT-Untersuchung von Hals/Thorax/Abdomen sowie eine Sonographie des Abdomens empfohlen.3
Internationaler Prognostischer Index (IPI) beim DLBCL
Mithilfe des Internationalen Prognostischen Index, kurz IPI, können Ärzt:innen abschätzen, wie gut Patient:innen vermutlich auf eine Standardtherapie ansprechen werden und welche Therapieoption wahrscheinlich für die Patient:innen am erfolgsversprechendsten ist. Daraus ergibt sich auch, wie wahrscheinlich das DLBCL geheilt werden kann. Der IPI berücksichtigt folgende Risikofaktoren:1
- Alter: über 60 Jahre
- Schlechter Allgemeinzustand
- Hohes Ann-Arbor-Stadium (III oder IV)
- Ausbreitung des Lymphoms auf Organe außerhalb des lymphatischen Systems
- Erhöhter Blutwert eines bestimmten Eiweiß (Lactatdehydrogenase, LDH)
Je nachdem, ob einer oder mehrere dieser Risikofaktoren vorhanden sind oder nicht, kann das DLBCL in vier Risikogruppen eingeteilt werden: niedriges, niedrig-intermediäres, hoch-intermediäres oder hohes Risiko. Die Zuordnung zu einer Risikogruppe hilft der behandelnden Ärzt:in bei der Entscheidung, ob Patient:innen eher von einer intensiveren Therapie profitieren oder die Behandlung weniger intensiv ausfallen kann.
Es gibt noch weitere Risikofaktoren wie beispielsweise spezielle Mutationen in den Krebszellen. Diese haben jedoch bislang geringere Bedeutung für die Therapieplanung.
Auf Basis der Untersuchungsergebnisse erfolgt das ‚Staging‘, also die Zuordnung zu einem Krankheitsstadium. Das Tumorstadium bei Diagnosestellung ist der wichtigste prognostische Faktor für die Erkrankung, denn die Anzahl der befallenen Lymphknotenregionen beeinflusst sowohl die Remissionsdauer als auch das Gesamtüberleben. Beim DLBCL geschieht das Staging entsprechend der Ann-Arbor-Klassifikation.4 Die Einordnung erfolgt in die Stadien I (Befall einer einzigen Lymphknotenregion (I) oder Vorliegen eines einzigen extranodalen Herdes (IE)) bis IV (Disseminierter Befall von einem oder mehreren extralymphatischen Organen mit oder ohne Befall von Lymphknoten).4
-
Therapie
Das DLBCL ist ein aggressives und rasch wachsendes Lymphom. Deshalb sollte mit der Behandlung schnellstmöglich begonnen werden, sobald die Ergebnisse des Stagings vorliegen, auf dessen Basis die Therapiestrategie festgelegt wird.4
Die Standardtherapie besteht aus der Kombination einer Polychemotherapie mit einem Antikörper.1 Bei einem Rezidiv können Patient:innen unter anderem eine Hochdosischemotherapie mit anschließender autologen Stammzelltransplantation oder weitere Immunchemotherapien, z.B. in Kombination mit einem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat erhalten.1 Seit Mai 2022 steht ein weiteres Therapieschema aus der Kombination einer Polychemotherapie, eines Antikörpers sowie einem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat zur Behandlung ab der Erstlinie zur Verfügung.5
Die Zeit der Behandlung eines DLBCL ist für die Betroffenen eine starke psychische und körperliche Belastung, da die eingesetzten Therapien zumeist mit Nebenwirkungen einhergehen. So kann es beispielsweise zu Störungen der Blutbildung, Schädigungen peripherer Nerven, Haarverlust, Infusionsreaktionen oder langfristig zu Auswirkungen auf die Funktion der Keimdrüsen, des Herzens sowie des Knochenmarks kommen.4 Liefern die klinische Untersuchung, die Laborwerte und die Ergebnisse der bildgebenden Verfahren keine Hinweise auf aktives Lymphomgewebe nach Abschluss der Therapie, geht man von einer kompletten Remission aus und es beginnt ein Nachsorgeprogramm. Besonders am Anfang wird genau untersucht, ob das Lymphom verschwunden ist oder ein Rezidiv auftritt.3 Im ersten Jahr nach Abschluss der Therapie sollten die Nachsorgeuntersuchungen alle drei Monate durchgeführt werden, im zweiten Jahr können die Abstände auf vier Monate, danach auf sechs Monate bis zur Vollendung des fünften Jahres nach Therapieende ausgedehnt werden.4 Bei der Nachsorge muss neben dem Ausschluss eines Rezidivs auch auf Spätfolgen der Therapie, wie beispielsweise Störungen der Blutbildung oder das Auftreten neuer anderer Tumore (Sekundärneoplasien) geachtet werden.4
Eine Informationsquelle für Patient:innen und ihre Angehörigen bietet die Plattform www.daskwort.de. Dort finden sich fundierte Informationen über verschiedene Krebsarten, Behandlungsmöglichkeiten und das Leben mit der Erkrankung.
Verbesserung der Therapieergebnisse für Lymphompatient:innen in Deutschland
Um die Therapieergebnisse für Patient:innen mit malignem Lymphom in Deutschland zu verbessern, widmet sich die German Lymphoma Alliance e.V. (GLA) der Bündelung und Koordination der vorhandenen Expertise in der Lymphomforschung, Diagnostik und Behandlung maligner Lymphome. Dabei fokussiert sich die GLA vor allem auf die Behandlung der Non-Hodgkin-Lymphome und führt die Aktivitäten verschiedener Studiengruppen zusammen.
Das Kompetenznetz Maligne Lymphome e.V. (KML) hat ebenfalls das Ziel, deutschlandweit die optimale Behandlung, Betreuung und Information für alle Lymphom‐Patient:innen sicherzustellen und zu verbessern. Im KML haben sich mehrere Lymphom‐Studiengruppen zusammengeschlossen. Durch die Ergebnisse ihrer klinischen Studien wurde die Diagnostik und Therapie maligner Lymphome in den vergangenen Jahren entscheidend verbessert. Auch aktuelle und zukünftige Studienprotokolle sowie Forschungsprojekte im KML haben das Ziel, die Therapien effektiver und ärmer an Nebenwirkungen zu machen.
-
Referenzen
- Lenz G et al. (2021). Diffuses großzelliges B-Zell-Lmyphom: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/diffuses-grosszelliges-b-zell-lymphom/@@guideline/html/index.html. Stand: April 2021. (aufgerufen am 05.04.2022).
- Deutsche Krebsgesellschaft (2017). Definition und Häufigkeit von Non-Hodgkin-Lymphomen. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/non-hodgkin-lymphome/definition-und-haeufigkeit.html#:~:text=Indolente%20Non%2DHodgkin%2DLymphome,die%20Keimzentrumslymphome%20(follikul%C3%A4re%20Lymphome). Stand: Dezember 2017. (aufgerufen am 20.04.2022).
- Klein S (2021). Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL): https://www.gelbe-liste.de/krankheiten/diffuses-grosszelliges-b-zell-lymphom-dlbcl#. Stand: 21. Februar 2021. (aufgerufen am 05.04.2022).
- Chapuy B (2021). Diffus großzelliges B-Zell-Lymphom: https://lymphome.de/diffus-grosszelliges-b-zell-lymphom. Stand: 20.12.2021. (aufgerufen am 05.04.2022).
- Tilly H et al. (2021). The POLARIX Study: Polatuzumab Vedotin with Rituximab, Cyclophosphamide, Doxorubicin, and Prednisone (Pola-R-CHP) versus Rituximab, Cyclophosphamide, Doxorubicin, Vincristine and Presdnisone (R-CHOP) Therapy in Patients with Previously Untreated Diffuse Large B-Cell Lymphoma. NEJM 2021:
https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2115304. (aufgerufen am 05.04.2022).