Brain Health, Hirnatrophie & MS
Der MS-bedingte Verlust des Hirnvolumens (Hirnatrophie) geht mit einer verstärkten Behinderungsprogression und Einschränkungen der Mobilität sowie der kognitiven Leistungsfähigkeit einher. Daher sollte der Schutz des Hirnvolumens neben der Reduktion des Schubrisikos und der schubunabhängigen Progression ein wichtiges Therapieziel bei der Behandlung von RMS sein.1 Studiendaten belegen, dass ein frühzeitiger Einsatz von effektiven Therapien die Hirnatrophie signifikant reduzieren kann.2
Beschleunigte Hirnatrophie bei MS
Ein wesentliches Merkmal der Multiple Sklerose (MS) sind die im zentralen Nervensystem (ZNS) verstreut auftretenden Entzündungsherde (Läsionen), die durch bildgebende Verfahren wie z.B. die Magnetresonanztomografie (MRT) sichtbar gemacht werden können.1 Zudem kommt es zu weiteren diffusen Schäden.3 Diese Prozesse führen bei Menschen mit MS zu einem beschleunigten Verlust des Hirnvolumens (Hirnatrophie) im Vergleich zu gesunden Menschen.4-8
Mit steigendem Alter kommt es auch bei gesunden Menschen zu einem geringen Verlust an Hirnvolumen. Dieser liegt bei ca. 0,1 bis 0,5 % pro Jahr.9 Bei Menschen mit unbehandelter MS ist die Hirnatrophie deutlich stärker ausgeprägt und beträgt im Durchschnitt 0,5 bis 1,35 % jährlich (Abbildung 1).9,10
Der beschleunigte Hirnvolumenverlust kann in allen Krankheitsphasen beobachtet werden und beginnt schon frühzeitig, häufig bereits vor der Diagnose.1,11
Hirnatrophie und neurologische Reserve
Die MS-bedingte Hirnatrophie bleibt während der ersten Phase der Erkrankung häufig unbemerkt. Grund dafür ist die neurologische Leistungsreserve des Gehirns, d. h. die Fähigkeit, verlorene Funktionen durch Umstrukturierung zu kompensieren. Die neurologische Reserve setzt sich aus der Gehirnreserve und der kognitiven Reserve zusammen:
- Die Gehirnreserve bezeichnet die Menge an physisch vorhandenem Hirnvolumen und ist genetisch bedingt. 12,13 Studien haben gezeigt, dass alte Menschen mit einem großen Hirnvolumen später an kognitiven Beeinträchtigungen leiden als Menschen mit einem geringeren Hirnvolumen. 14-16
- Die kognitive Reserve ist die Fähigkeit des Gehirns, verschiedene Schädigungen und damit verbundene funktionale oder kognitive Beeinträchtigungen aktiv auszugleichen. 17
Bei der schubförmig-remittierenden Verlaufsform der MS (RRMSa ) werden die Schäden am ZNS häufig erst durch das Auftreten klinischer Symptome erkannt, welche sich schubförmig manifestieren können; jedoch führen die meisten Läsionen (ca. 90 %) nicht direkt zu Schüben. 18-20
Hirnatrophie und Behinderungsprogression bei MS
Das Gehirn nutzt die neurologische Leistungsreserve um eine MS-bedingte Hirnatrophie auszugleichen. Ist die neurologische Reserve erst einmal aufgebraucht, können Schäden nicht mehr ausgeglichen werden und die klinisch sichtbaren Symptome der Erkrankung schreiten weiter fort (Abbildung 2).
Die gesteigerte Hirnatrophie und der Verlust der neurologischen Reserve können dabei zu
- deutlichen Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit,
- zu Mobilitätseinschränkungen und insbesondere einer Abnahme der Gehfähigkeit sowie
- zu Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität
führen.10, 21-22
Die Hirnatropie von Anfang an bremsen – ein relevantes Therapieziel
Bei der Therapie der MS sollte der Erhalt des Hirnvolumens ein wichtiges Therapieziel darstellen, denn bei RRMS hat das Ausmaß der Hirnatrophie eine potenziell prädiktive Bedeutung hinsichtlich der Behinderungsprogression.10 So konnte in einer Meta-Analyse mit 13.500 RRMS-Patient:innen über 2 Jahre gezeigt werden, dass die Wirkung der MS-Therapie auf die Hirnatrophie mit der Wirkung auf die Behinderungsprogression korreliert.23
Welche Chancen bieten hocheffektive Therapien für den Erhalt der Gehirngesundheit?
Ziel der MS-Behandlung mit einer verlaufsmodifizierenden Therapie (DMT, Disease modifying therapy) liegt darin, die Krankheitsaktivität zu reduzieren, das Hirnvolumen zu erhalten und die Behinderungsprogression einzudämmen.24,25
Um die neurologische Reserve zu schützen und die Gesundheit des Gehirns so lange wie möglich zu erhalten, ist ein frühzeitiger Einsatz einer effektiven DMT entscheidend.1
Lesen sie im Folgenden wie durch den frühzeitigen Einsatz einer hocheffektiven Therapie die MS-bedingte Hirnatrophie langfristig gebremst werden kann.
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a RRMS (schubförmig remittierende Multiple Sklerose) mit aktiver Erkrankung, definiert durch klinischen Befund oder Bildgebung.
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Referenzen
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