Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist als chronische und degenerative Erkrankung des retinalen Pigmentepithels bislang nicht heilbar. Das Alter gilt als der Hauptrisikofaktor für die AMD, aus welcher je nach Erkrankungsstadium ein irreversibler Verlust der Sehschärfe resultieren kann. Doch individuell auf die Bedürfnisse der Patienten angepasste Therapiestrategien tragen dazu bei, das Voranschreiten der AMD zu verlangsamen.
Der demografische Wandel ist längst in unserer Gesellschaft angekommen. Doch ist die gestiegene Lebenserwartung ein Grund dafür, dass Erkrankungen wie die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) weltweit wahrscheinlich zunehmen werden.1,2
In Europa ist jede vierte Person über 60 Jahren von verschiedenen Stadien der AMD betroffen.3,4 Weltweit waren es im Jahr 2020 etwa 200 Millionen Menschen, bis zum Jahr 2040 wird die Zahl der Betroffenen auf 288 Millionen geschätzt. In Deutschland waren im Jahr 2017 etwa 23 % mehr Menschen an AMD erkrankt als 15 Jahre zuvor.3 Es wird angenommen, dass in Deutschland in 50 Prozent der Fälle von schwerer Sehbehinderung bis Erblindung der älteren Bevölkerung die AMD ursächlich ist.5
Ursachen der altersabhängigen Makuladegeneration
Die Pathogenese der AMD ist noch nicht vollständig geklärt, sie scheint jedoch multifaktoriell. Ein bekannter Risikofaktor für die AMD ist das Rauchen: Im Vergleich zu Nichtrauchern haben Raucher ein höheres Risiko an AMD zu erkranken. Das gilt auch für die Menschen, die das Rauchen aufgegeben haben. Ebenso spielt die genetische Disposition eine Rolle. Die Hauptursache stellt jedoch der natürliche Alterungsprozess des Menschen dar.2,3
Es wird davon ausgegangen, dass die Alterungsprozesse das nicht regenerationsfähige Pigmentepithel und die Ablagerung von Überresten der lipidreichen abgebauten Photorezeptor-Außenscheibchen oberhalb, unterhalb und im Bereich des retinalen Pigmentepithels betreffen.3,6,7,8 Diese Ablagerungen (Drusen) können bei der AMD im Laufe der Lebenszeit zunehmen, und sind charakteristisch für die AMD.1
Klinisch lässt sich die altersabhängige Makuladegeneration in zwei Formen unterteilen: die „trockene“ AMD sowie die neovaskuläre oder „feuchte“ AMD (nAMD).Während es sich bei den frühen Stadien der AMD immer um trockene Formen handelt, lassen sich bei der späten AMD trockene und feuchte Formen unterscheiden. Kommt es zu einem flächigen Absterben von Pigmentepithel und angrenzender Netzhaut sowie Choriokapillaris, sprechen wir von einer geographischen Atrophie, der trockenen Spätform. Bei der neovaskulären Form (nAMD) kommt es zu einer verstärkten Exprimierung des VEGF (vascular endothelial growth factor), wodurch sich neue Gefäße bilden.
Diese neugebildeten Blutgefäße sind jedoch deutlich instabiler und brüchiger als normale Blutgefäße, weshalb es leicht zu Blutungen bzw. Einblutungen in den Glaskörper kommen kann. In der Folge verschlechtert sich die Sehschärfe. Das alles wirkt sich wiederum auf die Prognose im Krankheitsverlauf aus, die sich mit charakteristischen Symptomen wie einer schnelleren Verminderung der zentralen Sehschärfe – im Vergleich zur trockenen AMD – und Wellensehen, sogenannten Metamorphopsien, darstellt.3,7
AMD-Therapie: aktuelle Strategien
Während für die trockene AMD bislang keine Therapien erhältlich sind, hat sich bei der feuchten Makuladegeneration das intravitreale Applizieren von VEGF-Hemmerns zum Goldstandard der Behandlung entwickelt.
Auch wenn diese Therapie bislang noch keine Heilung ermöglicht, haben VEGF-Hemmer die Prognose und damit auch die Lebensqualität der Patienten signifikant verbessert.2 Dabei wird in Kliniken und Praxen, die auf die Behandlung der AMD spezialisiert sind, mittlerweile auf neue Therapiestrategien gesetzt, welche die monatlich geplanten Injektionen ersetzen. Dabei erhalten die Patienten nur die auf ihre Bedürfnisse angepasste Anzahl von Injektionen nach dem „pro re nata“- oder „treat and extend“-Prinzip.3
„Pro re nata“ oder
„treat and extend“?
Patienten, die nach der „pro re nata“-Strategie behandelt werden, erhalten jeweils im Rahmen eines ambulanten operativen Eingriffs eine Serie von intravitrealen Injektionen mit VEGF-Hemmern. Dieser Loadingphase folgen monatliche Kontrollen mittels optischer Kohärenztomographie (OCT). Hat sich erneut ein Makulaödem gebildet oder sind sonstige Veränderungen wie beispielsweise Blutungen eingetreten, die auf eine erneute Krankheitsaktivität hinweisen, erhalten die Patienten eine weitere Spritze. Bleibt die Makula trocken, bleibt es bis zum Wiederauftreten eines Makulaödems nur bei Kontrolluntersuchungen.
Wählt der Arzt die „treat and extend“-Therapiestrategie zur Behandlung, erfolgt bei jedem Kontrolltermin des Patienten eine erneute intravitreale Injektion. Während bei persistierender Krankheitsaktivität, die 4-wöchentlichen Behandlungsintervalle beibehalten werden, können diese bei stabilisierter Krankheitsaktivität um 2 bis 4 Wochen verlängert und bei erneuter Krankheitsaktivität entsprechend verkürzt werden.3
In mehr als 70 Prozent der behandelten Augen ließ sich der Visus durch die Behandlung mit VEGF-Hemmern stabilisieren, bei etwa 20 Prozent sogar bessern.3 Hierfür ist ein früher Behandlungsbeginn essenziell. Zudem hält der verbesserte Visus nur solange an, wie die Injektionsintervalle eingehalten werden können.9 Obwohl die Therapie mit VEGF-Hemmern zu einer höheren Lebensqualität der Patient:innen beiträgt, stellt die notwendige Therapie-Adhärenz in vielen Fällen aufgrund der hohen Belastung durch die Behandlung eine große Herausforderung dar. Gleichzeitig ist eine Veränderung im Lebensstil, hin zu einer gesünderen Ernährung und weg vom Nikotin, anzuraten.
Wie sieht die Zukunft der
AMD-Therapie aus?
Besonders im Hinblick auf unsere alternde Gesellschaft und die künftig zu erwartende hohe Anzahl an Menschen, die von einer AMD betroffen sein können, ist es wichtig, die Erkrankung in all ihren Formen intensiv zu erforschen und bestehende Behandlungsmethoden zu optimieren, weiter oder neu zu entwickeln.
2. Ricci F et al., Int J Mol Sci. 2020 Nov 3;21(21): 8242.
3. Li JQ et al., European Society of Retina Specialists (EURETINA), 2017. 1-28.
4. Pennington KL et al., Eye Vis 2016 Dec 22;3: 34.
5. Stahl A. Dtsch Arztebl Int. 2020 Jul 20;117(29-30): 513-520.
6. Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. Altersabhängige Makuladegeneration AMD. Leitlinie 21. Stand 30. Oktober 2015.
7. Lang G et al., Augenheilkunde. 5. Auflage 2014, Thieme.
8. Yuzawa M et al., Clinical ophthalmology (Auckland, N.Z.) vol. 7 (2013): 1325-32.
9. Holz FG et al., Br J Ophthalmol. 2016;100(12): 1623-1628.