IVOM-Therapie – wie lässt sich die Adhärenz verbessern?
Für vaskuläre Retinopathien wie die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) oder das diabetische Makulaödem (DMÖ) sind intravitreale operative Medikamentenapplikationen (IVOM) ein empfohlenes Therapieregime. Nur wenn die Behandlung entsprechend ihrer Erfordernisse erfolgt, lässt sich das Potenzial, die Sehschärfe der Patient:innen bestmöglich zu erhalten, voll ausschöpfen. Mangelnde Adhärenz steht diesem Ziel jedoch oft im Weg.1 In diesem Beitrag zeigen wir auf, wie daraus entstehende Hürden identifiziert werden können und geben praktische Empfehlungen zur Förderung der Adhärenz für Ihren Praxisalltag.
Anti-VEGF-Therapie
Die neovaskuläre altersabhängige Makuladegeneration (nAMD) und die diabetische Retinopathie (DR), einschließlich des diabetischen Makulaödems (DMÖ), zählen zu den Erkrankungen, für die sich intravitreale operative Medikamentenapplikationen (IVOM) als Standardtherapie bewährt haben.1
Die mit den Erkrankungen einhergehenden retinalen Neovaskularisationen führen zu einer Beeinträchtigung des Sehens.1,2,3
Verschiedene Zellen setzen im Krankheitsgeschehen den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) frei, der die Angiogenese vorantreibt.2,3 VEGF-Antikörper-Präparate (VEGF-Hemmer) wirken der Gefäßneubildung entgegen. Ihre Applikation erfolgt in Form von intravitrealen Injektionen unter Lokalanästhesie.2
Die Anti-VEGF-Therapie wirkt nur über eine begrenzte Zeit, daher sind Wiederholungsbehandlungen erforderlich.1 Für den Therapieerfolg ist entscheidend, dass Patient:innen Kontroll- und Behandlungstermine gemäß der ärztlichen Empfehlung wahrnehmen.1
Adhärenz: Welchen Hürden stehen Patient:innen gegenüber?
Damit Sie als Behandler:in Einfluss auf die Therapietreue nehmen können, ist es wichtig zu verstehen, welche Faktoren zum Abbruch oder dem Aussetzen der Behandlung führen. Die WHO unterscheidet dabei fünf Kategorien für die non-Adhärenz:1,4
- das Arzt- oder Gesundheitssystem: z. B. Terminverfügbarkeit, administrative Hürden
- die Sozialökonomie: z. B. Kosten und Erstattungsprobleme, Schwierigkeiten zur Praxis zu kommen
- die Patient:innen: z. B. Motivation, allgemeiner Gesundheitszustand, zusätzliche Erkrankungen
- die Erkrankung: z. B. Erfolg oder fehlender Erfolg der Therapie, fehlende Erfolgsaussicht
- die Therapie: Beschwerden (wie Schmerzen, Reizungen), Nebenwirkungen, Ängste (z. B. vor Injektionsterminen)
Weitere Einblicke gewähren die Ergebnisse einer Real-World-Studie, in welcher Patient:innen direkt zu den wahrgenommenen Hürden bei der Einhaltung ihrer Therapie befragt wurden.5
Dort gaben DMÖ-Patient:innen an, in einem Zeitraum von sechs Monaten 19 Behandlungstermine wahrnehmen zu müssen, die insgesamt 20 Stunden Zeitaufwand bedeuteten. In der Studie wünschten sich 42 Prozent der Befragten, seltenere Injektionen, an zweiter Stelle stand der Wunsch nach weniger Behandlungsterminen und an dritter der nach kürzeren Wartezeiten. Diese Faktoren stellen laut der Studie eine besondere Belastung und Einschränkung der Lebensqualität der Patient:innen dar und werden als mindernder Faktor auf die Adhärenz angesehen.*
Empfehlungen: So können Sie Adhärenz praktisch fördern1
- Optimieren Sie die interkollegiale Kommunikation durch den persönlichen Austausch über Therapieerfolge, aber auch -komplikationen während einer Behandlung. Erfassen Sie dabei auch mögliche Nebenwirkungen und Begleiterkrankungen, die Einfluss auf die Therapietreue haben können.
- Eine Erleichterung bei der Terminplanung und -vergabe kann durch konsequente Terminerinnerungen (für Diagnostik, Therapie, Kontrolle, Rezidive) und/oder der Zusammenlegung von Kontroll- und Behandlungsterminen erreicht werden. Dadurch spüren ggf. auch die Patient:innen eine zeitliche Entlastung.
- Je besser die Information und Aufklärung der Patient:innen vor, während und nach einer Behandlung ist, desto einfacher wird möglicherweise das Therapiemanagement.
- Sprechen Sie Ihre Patient:innen aktiv auf zusätzliche Kosten an, die beispielsweise für den Transport zu den regelmäßigen Terminen entstehen können und machen Sie auf die mögliche Befreiung durch die Krankenkassen aufmerksam.
- Beziehen Sie – wann immer möglich – Ihre Patient:innen in die Behandlungsschritte mit ein.
- Wertschätzung der Adhärenz gegenüber den Patient:innen: über ein Lob von Ihnen für die Therapietreue freut sich jeder Patient/jede Patientin.
Fazit
Die kontinuierliche Kommunikation mit Kolleg:innen und Betroffenen ist ein Schlüsselfaktor, um die Therapietreue nachhaltig zu verbessern. Doch Kommunikation benötigt Zeit, die im Praxisalltag bekanntlich knapp bemessen ist. Vor diesem Hintergrund spielt die Terminoptimierung eine besondere Rolle. Je besser die Planung, desto mehr Zeit für die Behandlung. Auch gilt: Je mehr über die Gründe der Non-Adhärenz bekannt ist, desto besser können Sie im Praxisablauf entsprechende Anpassungen vornehmen. Im Ergebnis kann dies eine deutlich wahrnehmbare Entlastung für Sie und Ihre Patient:innen sein.
2. Pro Retina Selbsthilfe e.V., Fakten zur AMD (Abruf: 19.05.2022) https://www.pro-retina.de/.../erworbene-netz-aderhauterkrankungen/altersabhaengige-makula-degeneration-amd/fakten-zur-amd
3. Kellner U et al., Retina, Vaskuläre Netzhauterkrankungen. Thieme 2008 https://www.thieme-connect.de/products/ebooks/lookinside/10.1055/b-0034-28822#
4. Anna L, Adhärenz, Verstehen, Messen, verbessern. Pharmazeutische Zeitung (Stand: 10.03.2019) https://www.pharmazeutische-zeitung.de/verstehen-messen-verbessern/
5. Sivaprasad, S et al., “Impact of injection therapy on retinal patients with diabetic macular edema or retinal vein occlusion.”
Clinical ophthalmology (Auckland, N.Z.) vol. 10 939-46. 24 May. 2016, doi:10.2147/OPTH.S100168.