Nationale Register - Von der Patientenakte zur Datenbankanalyse
Wozu eigentlich Register?
Wie häufig wird in Deutschland das Glaukom mittels minimalinvasiver Glaukomchirurgie eigentlich behandelt, sind regionale Unterschiede in der Versorgung erkennbar und welche patientenspezifischen Faktoren begünstigen ein therapeutisches Ansprechen der verschiedenen Methoden?
Antworten auf solche und ähnliche Fragen sollen klassischerweise mittels großer nationaler Register gefunden werden. Ein Register wiederum ist eigentlich nichts weiter als eine große Datenbank, in die möglichst viele Praxen, Kliniken und Versorgungszentren ihre Patient:innen- und Behandlungsdaten einpflegen. Damit diese Daten für automatisierte Abfragen bereitstehen und gleichzeitig die hohen Datenschutzvorgaben erfüllen, müssen sie strukturiert (also anhand exakter Eingabemasken) und anonymisiert in das Register übertragen werden. Die Beteiligung möglichst vieler Behandler:innen und die Erhebung qualitativ hochwertiger, zuverlässiger Daten sind die Voraussetzung für eine hohe Daten-Repräsentativität und -Validität. Doch was auf den ersten Blick simpel und logisch klingt, entpuppt sich schnell als große Herausforderung.
Register: Die Fallstricke einer breiten Datensammlung
Ein Blick in die USA macht diesen Zusammenhang deutlich:
Hier wurde bereits 1996 ein Netzwerk gegründet (NEON, National Eyecare Outcome Network), welches erst über Papierformulare, später auch in elektronischer Form, Daten zur Kataraktbehandlung sammeln sollte. Da eine manuelle Datenpflege generell sehr zeitaufwendig ist und es darüber hinaus keine großen Anreize für eine Teilnahme an dem Netzwerk gab, blieb die erhoffte Resonanz aus und das Projekt musste 2001 abgebrochen werden. Daraufhin wurde im Jahr 2014 das nationale IRIS Register (Intelligent Research in Sight) ins Leben gerufen, welches die Daten automatisiert über sogenannte Konnektormodule in das Register überträgt.1 Aufgrund des speziellen Vergütungssystems der USA liegen Patientenakten in Kliniken und Praxen zwar ohnehin schon häufig in elektronischer Form vor, allerdings unter Verwendung verschiedener Dokumentationssysteme. Dies erschwert die automatisierte Datenübertragung, da die Konnektormodule an jedes Dokumentationssystem angepasst werden müssen. Trotz dieser großen technischen Herausforderungen beteiligen sich mittlerweile (Stand April 2022) etwa 15.600 Behandler:innen am Register und so konnten bereits 440 Millionen Visiten von knapp 74 Millionen Patient:innen dokumentiert werden.
IRIS: Ein Vorreiter in der ophthalmologischen Versorgungsforschung
Eine kurze Literaturrecherche macht deutlich, dass sich der Aufwand lohnt: Gefördert durch verschiedene ophthalmologische Gesellschaften, Forschungsgelder und Auszeichnungen wächst die Publikationsliste mittlerweile um mehr als 20 Fachartikel pro Jahr an, Tendenz klar steigend. Ein inhaltlicher Fokus liegt hierbei auf Themen wie der Inzidenz von Endophthalmitiden nach verschiedenen Eingriffen, der Identifizierung von Risikofaktoren für bestimmte Komplikationen oder auch der Anwendung, Verteilung und Effizienz verschiedener diagnostischer und chirurgischer Techniken. Dass auch die Patientenversorgung in Deutschland von einem solchen Register profitieren würde, steht außer Frage. Ob ein solches nationales Register aber tatsächlich in Planung ist und inwieweit die strukturellen Voraussetzungen in Deutschland gegeben sind, lesen Sie in unserem nächsten Beitrag.